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Die sv-rechtliche Beurteilung von Fahrtkostenersätzen für die Strecke von der Wohnung zur Arbeitsstätte und retour anhand eines ÖGK-Fragenkataloges - ein paar kritische Gedanken zur "Vereinfachung der Lohnverrechnung"

Erstellt am 08.07.2025

Das vorliegende Thema stellt ein wunderbares Beispiel dafür dar, wie sehr die Lohnverrechnung aus den Fugen geraten ist (ich weiß, dass es viel dramatischere Themen gibt als dieses hier, aber irgendwo muss man ja anfangen, wenn man das Regierungsprogramm noch halbwegs ernst nehmen soll).

Wir benötigen also einen Frage-Antworten-Katalog, der sich mit den sv-rechtlichen Fragen betreffend der Fahrtkostenersätze zwischen Wohnung - Arbeitsstätte und retour befasst.

In Wahrheit steht dort absolut nichts Neues drinnen und man könnte ihn vermutlich noch weiter aufdröseln und noch mehr Zweifelsfragen reinpacken. Keinesfalls soll hier die Leistung des Redaktionsteams der DGservice geschmälert werden.

Aber wenn im aktuellen Regierungsprogramm die "Vereinfachung der Lohnverrechnung" als ernstzunehmender Punkt angeführt ist, dann müssten hier nach der Lektüre dieses Beitrages eigentlich die Alarmglocken schrillen. Und da haben wir die steuerrechtliche Seite mit ihren Besonderheiten in Bezug auf dieses Thema noch gar nicht berücksichtigt (Pendlerpauschale, Pendlereuro etc).

Das "Erfragen-Müssen von Tarifen" von Massenbeförderungsmitteln um die "fiktiven Fahrtkosten", die sv-frei bleiben können, erinnert mich sehr stark an die Neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Da war das durchaus selbstverständlich.

Die Möglichkeit zur Reduktion der SV-Bemessungsgrundlage durch fiktive Fahrtkostenersätze müsste ja theoretisch auch für die Lohnsteuerbemessungsgrundlage analog anwendbar sein, wenn man sich der "Öffiticket-Regelung" bedient (nur für den Fall, dass man sich fragt, warum diese Möglichkeit nur im SV-Bereich besteht). Das müsste man aber wohl in einem Verfahren durchfechten.

Im Übrigen müssen Fahrtkostenersätze für die Strecke Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung auf der Arbeits- und Entgeltsbestätigung für Wochengeldzwecke angeführt sein (was auch kein Mensch versteht, warum das so ist).

Sieht man sich die rechtlichen Debakel der letzten Zeit an, die den Status "Mangelberuf" in der Personalverrechnung einzementiert haben wie zB. das Spengler-BUAG-Debakel, das es sogar in die ZIB 2 geschafft hat oder den neuen Gastgewerbe-Kollektivvertrag mit seinen komplizierten und völlig unverständlichen Um- bzw. Einstufungsregeln, die zudem zwischen den KV-Partnern von der Interpretation her nach wie vor nicht unstrittig sind, dann sehe ich, dass wir nach wie vor, egal, ob es um Gesetze geht (warten wir mal die Änderungen zur Altersteilzeit und zur Einführung der Teilpension ab oder jene Regelungen, welche die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer zum Inhalt haben oder die nationale Umsetzung der Gender-Pay-Gap-Richtlinie ab; da wird es noch sehr lustig werden) oder um Kollektivverträge, die Entbürokratisierung der Lohnverrechnung keine Rolle spielt (weder in den Ministerien, in denen die nächsten Bürokratiemonster trotz des Regierungsprogramms beschlossen werden noch bei den Sozialpartnern). Das wird von den Verantwortlichen einfach nicht ernst genommen oder man hat einfach keine praxisadäquate Vorstellung davon, was "Personalverrechnung" tatsächlich ist.

Vor fünf Jahren (Corona-Krise) hatte ich vehement eine Bürokratieauswirkungs-Einschätzung bei jedem Gesetz gefordert bzw. auch bei Änderungen in Kollektivverträgen. Bekanntlich stand ja die Lohnverrechnung aus Anlass der Corona-Kurzarbeit kurz vor dem Kollaps, weil die Sozialpartner eine Kurzarbeit ausverhandelt hatten, die man nicht in die Payroll brachte.

Es hat sich selbstverständlich auch hier nichts dazu getan, im Gegenteil: externe Experten aus diesen Bereichen sind NICHT erwünscht (das wurde uns aus Anlass eines BUAK-Gipfels zur Behebung des Spengler-Debakels mitgeteilt, nachdem es zunächst geheißen hatte, wir mögen hier bitte mithelfen).

Das Thema "Trinkgeld" wird nun wieder hinter verschlossenen Türen verhandelt, Es gibt ein zähes Ringen und das Medusahaupt der Presse schafft es nicht, zwischen Steuer und Sozialversicherung zu unterscheiden. Auch da werden wir vermutlich wieder vor vollendete Tatsachen gestellt werden und die Abgabenbehörden werden danach wieder an Strategien basteln, wie sie doch wieder "mehr" an Abgaben hereinbringen können (das ist ja die derzeitige Finanzverwaltungsstrategie in Bezug auf den § 68 EStG 1988).

Mir ist sehr bewusst, dass diese Zeilen über das hinausgehen, was der Aufhängerbeitrag der ÖGK ist.

Ich möchte für meinen Teil ab nun in Bezug auf sämtliche neuen Gesetze, aber auch in Bezug auf Veröffentlichungen wie jene hier von der ÖGK einfach wieder das Gefühl vermitteln, dass Komplexitäten nicht immer notwendig sind. In Wahrheit nehmen auch wir in der Lohnverrechnung diese Dinge schulterzuckend zur Kenntnis (weil wir nicht anders können).

Mein Änderungsvorschlag für den vorliegenden Themenbereich lautet:

Streichung der Ausnahmeregelung des § 49 Abs. 3 Z 20 ASVG, wodurch Fahrtkostenersätze (von der Öffiticket-Regelung abgesehen) dann nicht nur lohnsteuerpflichtig, sondern auch sv-pflichtig werden. Dann fällt eine Komplexität weg, die Bemessungsgrundlage für die Pension, die wir dann mit 70 antreten dürfen (das scheint im Moment das größte Regierungsanliegen zu sein, wenn man die täglichen "Sirenen" dazu richtig deutet), hat dann etwas davon und nebenbei auch die "Betriebliche Vorsorge".

Zum ÖGK-Artikel betreffend Fahrtkostenersätze geht es übrigens hier:

https://www.gesundheitskasse.at/cdscontent/?contentid=10007.906407&portal=oegkdgportal

Autor: Wilhelm Kurzböck