Erstellt am 24.07.2025
OGH vom 11.02.2025, 10 ObS 117/24i
§ 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV
So entschied der OGH:
§ 1 Abs. 1 Z 5 Schwerarbeits-Verordnung wertet die berufsbedingte Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf, wie beispielsweise in der Hospiz- oder Palliativmedizin als Schwerarbeit.
Nach der ständigen Rechtsprechung stellt diese Bestimmung nicht auf eine bestimmte Dauer der Arbeitszeit ab, sondern knüpft an die psychische Belastung an, die sich aus dem besonderen Behandlungs- oder Pflegebedarf schwerstkranker Menschen in besonders schwierigen Lebenssituationen ergibt.
Auch Teilzeitbeschäftigte können daher Schwerarbeitsmonate nach dieser Bestimmung erwerben.
Da Schwerarbeit aber immer auch in Relation von Belastungs- und Erholungsphasen zu betrachten ist, ist von einer Untergrenze im Ausmaß der Hälfte der Normalarbeitszeit auszugehen.
Unabhängig davon, ob eine Voll- oder Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird, liegt Schwerarbeit nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV daher nur vor, wenn tatsächlich und zumindest während der Hälfte der Normalarbeitszeit Pflegetätigkeiten (unmittelbarer Kontakt mit den zu pflegenden Personen) erbracht werden
Diese zeitliche Komponente war hier bei einer Fachsozialbetreuerin-Altenarbeit im Rahmen eines mobilen Dienstes mit einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden (sechs Stunden täglich) und Fahrtzeiten** von im Schnitt einer Stunde täglich** erfüllt.
Der Oberste Gerichtshof hat schon wiederholt betont, dass Schwerarbeit nur dann anerkannt werden kann, wenn der Versicherte der besonders belastenden Schwerarbeit auch tatsächlich ausgesetzt war (vgl 10 ObS 98/20i Rz 19; 10 ObS 85/20b Rz 14 ua).
Werden daher Personen mit unterschiedlichem Pflegebedarf gepflegt, reicht es nicht, dass auch bzw unter anderem Personen mit einem – Schwerarbeit iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV erst begründenden – besonderen Behandlungs- oder Pflegebedarf gepflegt werden.
Schwerarbeit liegt vielmehr erst dann vor, wenn entweder die Pflege der Personen mit besonderem Pflegebedarf zeitlich gesehen überwiegend erbracht wird oder sich das Überwiegen der iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV qualifizierten berufsbedingten Pflege aus der Anzahl der zu pflegenden Personen mit besonderem Behandlungs- und Pflegebedarf ergibt.
Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass auch die Pflege einzelner Personen mit besonderem Pflegebedarf so zeitintensiv sein kann, dass sie trotz gleichzeitiger Betreuung und Pflege mehrerer anderer Personen zeitlich überwiegt.
In diesem Fall liegt ebenso wie bei der Pflege einer Mehrzahl von Personen** mit erhöhtem Pflegebedarf** eine „regelmäßige“ Pflege von Personen iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV und damit Schwerarbeit vor.
Im hier zu beurteilenden Fall steht fest, dass die Sozialarbeiterin im relevanten Zeitraum überwiegend Personen gepflegt hat, die zumindest Pflegegeld der Stufe 5 oder höher bezogen haben und (demgemäß) besonderen Behandlungs- oder Pflegebedarf aufwiesen.
Damit ist eine der beiden alternativen Varianten erfüllt. Feststellungen, die Rückschlüsse auf das zusätzliche Vorliegen der anderen Variante zulassen, bedarf es daher nicht.
Der konkrete Prozentsatz an gepflegten Personen mit zumindest Pflegegeldstufe 5 muss hingegen nicht festgestellt werden.
Legt der Pensionsversicherungsträger den prozentuellen Anteil der Personen mit erhöhtem Pflegebedarf „linear“ auf die „Pflegezeit“ um, so geht er nämlich von der falschen Grundannahme aus, dass für jeden Patienten dieselbe Zeit aufzuwenden ist, dh für 50 % an Personen mit mindestens Pflegegeld der Stufe 5 auch 50 % der „Gesamtpflegezeit“ zu veranschlagen ist.
Das ist aber nicht der Fall, weil der Pflegebedarf und damit auch der Zeitaufwand grundsätzlich mit zunehmender Pflegegeldstufe steigt (vgl § 4 Abs 2 BPGG) – was wiederum Indikator für eine besondere psychische Belastung ist