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Verspätete Hauptwohnsitzmeldung des Kindes wegen verzögerter Namensfindung – anteiliger Familienzeitbonus

Erstellt am 04.08.2025

OGH vom 10.07.2025, 10 ObS 65/25v

§ 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV

Sachverhalt:

Ein Arbeitnehmer vereinbarte mit seinem Dienstgeber aus Anlass der Geburt seiner Tochter (17.2.2024) für die Zeit von 19.2.2024 bis 17.3.2024 Familienzeit.

Die Kindesmutter zog mit dem Kind am 19.2.2024 an den gemeinsamen Hauptwohnsitz, allerdings erfolgte eine Hauptwohnsitzmeldung erst am 7.3.2024, da sich die Eltern mit der Namensauswahl des Kindes noch Zeit lassen wollten.

Die ÖGK verneinte die Auszahlung des Familienzeitbonus, da sie der Ansicht war, dass nicht an allen Tagen der „Familienzeit“ sämtliche Voraussetzungen für diese Leistung erfüllt waren und verneinte eine anteilige Bezahlung für die Zeit von 7.3.2024 bis 17.3.2024.

So entschied der OGH:

Dass sich die Eltern mit der Namensfindung solange Zeit gelassen hatten, kostete der Familie doch einiges an Geld. Aber dennoch sprach der OGH für die Zeit von 7. bis 17.3.2024 den anteiligen Familienzeitbonus zu. Der „Alles oder Nichts“-Theorie, welche von der ÖGK hier noch zur Anwendung gebracht wurde, wurde erneut eine Absage erteilt.

Aus den höchstgerichtlichen Entscheidungsgründen:

Der Arbeitnehmer unterbrach seine Erwerbstätigkeit für 28 Tage, um sich** aus-schließlich seiner Familie zu widmen**, er nahm also Familienzeit iSd § 2 Abs 4 FamZeitbG in Anspruch.

Ebenso wie bei der Entscheidung 10 ObS 161/21f = WPA 15/2022, Artikel Nr. 355/2022 fehlte es auch hier mangels formaler hauptwohnsitzlicher Meldung (nur) für einen Teil des gewählten Zeitraums an einem gemeinsamen Haushalt.

Somit war auch nur (aber immerhin) für jenen Zeitraum Familienzeitbonus zuzusprechen, in dem sämtliche Voraussetzungen des § 2 FamZeitbG (einschließlich der hauptwohnsitzlichen Meldung) erfüllt waren (hier: 11 Kalendertage).

Aus der dazugehörigen EU-Richtlinie (Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (EU) 2019/1158) kann keine zwingende Mindestbezugsdauer einer Unterstützungsleistung für den Vaterschaftsurlaub abgeleitet werden (in der Richtlinie sind mindestens 10 Arbeitstage bzw. 12 Kalendertage insoweit vorgesehen).

Aus diesen Bestimmungen der Richtlinie ist nur die Verpflichtung der Mitgliedstaaten abzuleiten, Vätern einen Anspruch auf Vaterschaftsurlaub im Ausmaß von zehn (zu vergütenden) Arbeitstagen einzuräumen, wobei der Urlaub anlässlich der Geburt des Kindes des Arbeitnehmers genommen werden muss.

Aus der RL ergibt sich jedoch nicht ansatzweise, dass den Mitgliedstaaten (zwingend) untersagt sein soll, eine finanzielle Unterstützung auch für einen Zeitraum von unter zehn Arbeitstagen (iSd oben aufgezeigten anteiligen Anspruchs auf Familienzeitbonus) zu normieren.

Eine derartige Einschränkung der finanziellen Unterstützung ist auch der oben zitierten (OGH)-Rechtsprechung nicht zu entnehmen.

Autor: Wilhelm Kurzböck